Luise Thut hat sich mit grosser Energie für die Palliativpflege von schwer Erkrankten eingesetzt. Ihrem Engagement ist die Gründung von Hospiz Aargau zu verdanken. Am Freitag, 14. Juli 2023, hat sich ihr Lebenskreis geschlossen.

«Für mich ist der Tod etwas ganz Normales», sagt Luise Thut im Video, das zu ihrem 95. Geburtstag gedreht wurde. Sie meint damit, dass sie sich bemüht hat, dem Tod das Tabu zu nehmen, dass sie die Art und Weise, wie wir sterben oder sterben müssen, thematisierte. Es ging ihr um einen würdigen letzten Lebenswegabschnitt. Im Februar und März 2023 wurde das Lebenswerk der Pionierin der Palliativpflege mit einer Ausstellung im Müllerhaus Lenzburg geehrt.

Ihr Lebenswerk, das ist Hospiz Aargau, die Institution, die schwer Erkrankte und ihre Angehörige mit den drei Standbeinen stationäres Hospiz, ambulanter Hospizdienst und Trauertreff begleitet und unterstützt. Luise Thut hatte den Hospiz-Gedanken in den USA kennengelernt, als sie eine an Krebs erkrankte Freundin begleitete. Unermüdlich weibelte sie nach diesem Erlebnis für ihre Idee, schrieb Briefe, bildete sich weiter, bekochte, wenn es ihr zielführend erschien, auch schon mal den gesamten Gemeinderat einer Gemeinde. Luise Thut schaffte es Gleichgesinnte um sich zu scharen, um für die Idee, dass das Sterben in einem würdigen Rahmen geschehen soll, zu werben. Sie sei ein Glückskind Gottes, meinte sie manchmal, so sei es schon vorgekommen, dass sie im Flugzeug zufälligerweise just neben einer Person sass, die sie bei ihrem Wirken zu unterstützen vermochte.

Luftfahrt und Liebe

Die 1928 in München geborene Luise Thut erlebte als Kind den Krieg und musste als junge Frau feststellen, dass sie aus finanziellen Gründen ihren Traum von einem Medizinstudium begraben musste. Einfach so gab sie indes nicht auf, mit der ihr eigenen Beharrlichkeit versuchte sie, ob es anderswo wohl möglich war. Sie wanderte dazu in die USA aus, wo sie schliesslich für eine Airline Prominente betreute. Eine Aufgabe, die ideal auf sie zugeschnitten war, fand sie doch schon immer ganz einfach Zugang zu Menschen. Die Liebe zum Swissair-Piloten Heinz Thut führte sie schliesslich in die Schweiz.

Vorbild für andere

Sie liebte Opern und Tennis, bewohnte mit ihrem Gatten ein sehr schönes Eigenheim, in dem sie gerne Gäste empfing. Sie hätte es dabei belassen können. Mit 60 Jahren jedoch beschloss sie, den Hospiz-Gedanken in die Schweiz zu bringen. Weil es in der Schweiz damals noch keine entsprechenden Ausbildungen gab, erwarb sie im Ausland den Titel ‘Certified Hospice Trainer’. Das berechtigte sie, ein Hospiz zu führen und Mitarbeitende auszubilden. Ihre Fähigkeit, schnell mit Menschen in Kontakt zu kommen, erleichterte es ihr, Beziehungen zu Personen zu knüpfen, die zu wichtigen Wegbereitern wurden, etwa zur Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross, mit der sie sogar eine tiefe Freundschaft verband, oder zur britischen Hospiz-Pionierin Cicely Saunders. Dennoch wurden ihr viele Steine in den Weg gelegt. Das spornte die willensstarke Frau aber nur noch mehr an. Mit sieben Bekannten gründete sie 1994 den Aargauer Hospizverein. Anfänglich bot sie eine ambulante Begleitung von schwer Erkrankten an, ihr Traum blieb aber ein stationäres Hospiz. Im Jahr 2005 konnte sie den Traum in den Räumen des ehemaligen Klosters Gnadenthal in Niederwil verwirklichen. Im Jahr 2010 erfolgte der Umzug an den heutigen Standort in Brugg.

«Es ist wunderbar, wie es läuft»

Als es Luise Thut bereits gesundheitlich schlechter ging, durfte sie nochmals einen Besuch im
stationären Hospiz Aargau machen. «Es ist wunderbar, wie es läuft», freute sie sich damals. Sie staunte, dass aus dem einen Trauertreff unterdessen sechs über den ganzen Kanton verteilte

Möglichkeiten des Austausches für Trauernde geworden sind und die Einsatzstunden an Betten in Privathaushalten exponentiell angewachsen sind. Zur Kenntnis nahm sie auch die zeitweiligen Wartezeiten für ein freies Bett auf der Station und unterstützte deshalb lebhaft die Pläne von Hospiz Aargau für den Aufbau eines zweiten Standortes. Ihr Streben nach einer angemessenen Finanzierung der Hospizleistungen blieb leider bis heute unerfüllt, Hospiz Aargau wird nach wie vor zu einem grossen Teil von Spenden getragen.

Am 14. Juli 2023 wurde Luise Thut von ihren Altersbeschwerden erlöst. Sie ging, wie man sie gekannt hat: Elegant angezogen sass sie in ihrem liebevoll eingerichteten Zuhause. Eine Frau von Welt, mit einem grossen Herzen.

Video zum Lebenswerk von Luise Thut:

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